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Louis Léopold Boilly

1761 La Bassée
1845 Paris


Der französische Maler und Lithograf Louis-Léopold Boilly, geboren am 5. Juli 1761 im nordfranzösischen La Bassée, ist bekannt für seine genau beobachteten Alltagsszenen aus dem Paris nach der Revolution, die die Vielfalt des städtischen Lebens in all ihren Facetten zeigen. In Boillys Werk spiegeln sich die einschneidenden Veränderungen wider, die der Übergang vom Ancien Régime zur Ersten Republik mit sich gebracht hat; dadurch ist es auch für den Historiker von großem Wert.
Als Sohn eines Holzbildhauers stammt Louis-Léopold Boilly aus einfachen, jedoch nicht, wie oft irrtümlich angenommen, aus ärmlichen Verhältnissen. In der nordfranzösischen Provinz erwirbt sich Boilly früh Renommee als Maler mit einem umfangreichen Repertoire, ehe er als etablierter Künstler 1785 nach Paris geht – nicht ohne zuvor seine Chancen auf dem dortigen Markt getestet zu haben. 1791 hat er seine erste Ausstellung im Pariser Salon. Louis-Léopold Boilly zeichnet ein besonderer Sinn für wirtschaftliche Rentabilität aus; mit dem Umzug in die Hauptstadt passt er sein künstlerisches Profil den dortigen Marktbedingungen an und legt seinen Schwerpunkt auf urbane Boudoir-Szenen, die unter den betuchten Kunstkäufern des Ancien Régime gefragt sind. Er kultiviert einen Stil, der angelehnt ist an die Alten Meister, die in den Privatsammlungen dominieren. Boillys Arbeiten aus den Jahren vor der Revolution sind Variationen eines bestimmten Szenenrepertoires, die sein Gespür für feine Unterschiede und symbolischen Gehalt auszeichnet.
Die einschneidenden Ereignissen 1789 wirken sich auch auf die Kunst auf. Die tradierte Käuferschicht fällt weg. Louis-Léopold Boilly passt sich den veränderten Verhältnissen an und konzentriert sich auf die Portraitmalerei. Er findet seine Nische mit standardisierten Kleinportraits (ca. 22 x 17 cm), die schnell herzustellen und dadurch für die Käufer erschwinglich waren – ein erfolgreiches Konzept, denn Boilly hat in seinem Leben gut 5000 dieser Kleinportraits angefertigt.
Während des Jakobinischen Terrorregimes wird Boilly 1794 von Jean-Baptiste Wicar, ebenfalls Maler, bezichtigt, mit seinen Gemälden die öffentliche Moral zu korrumpieren, ein für diese Zeit typischer und häufiger Vorwurf. Tatsächlich ist Louis-Léopold Boilly in diesem Fall aber nicht so sehr Opfer der Umstände, wie es gemeinhin dargestellt wird. Er äußert sich als einziger gegen die Vorwürfe. Seine Kritik wird gehört und verschafft ihm Ansehen unter den Revolutionären.
Dennoch ist Boilly kein Revolutionär, sondern behält die Wirtschaftlichkeit der Situation im Auge. Er versteht es, die neuen kommerziellen Möglichkeiten zu nutzen. Sein Motivspektrum verlegt sich vom Privaten auf das Öffentliche, von Boudoir-Szenen mit wenig Personal hin zu Massenszenerien, von der bourgeoisen Mittelschicht hin zu den Armen. Es entstehen soziale und politische Gemälde mit Alltagsszenen, die den moralischen Verfall der Direktorium-Zeit thematisieren, dabei jedoch ambivalent zu deuten sind. Diese Arbeiten lassen sich zwar nicht gut verkaufen, werden aber ausgestellt und dienen dazu, Louis-Léopold Boillys Ruf weiter auszubauen. Den Lebensunterhalt für seine sechsköpfige Familie erzielt er aus den genannten Portraitarbeiten.
Ab 1824 bringt Boilly seine aktive Karriere zu Ende und wendet sich ab 1829 ausschließlich der Verwaltung seiner Finanzen durch Hypothekenkredite zu – nicht aus Finanznot, wie oft vorschnell geschlossen wird, sondern aus Interesse am Investitionsgeschäft. Ein keineswegs so unübliches Verhalten, wie es zunächst erscheinen mag. Auch Rubens hat im hohen Alter keine großen Aufträge mehr angenommen, sondern sich auf seine Finanzen konzentriert. 1833 wird Boilly zum Ritter der Ehrenlegion ernannt.
Am 4. Januar 1845 stirbt Louis-Léopold Boilly in Paris.


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