Historismus meint im weiten Sinn den Rückgriff auf historische Stile, der beispielsweise auch in der Renaissance angewandt wurde. Im Normalfall versteht man aber unter Historismus den Stilpluralismus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, der wiederum in so genannte Neostile (Neoromanik, Neogotik, Neorenaissance, Neobarock etc.) differenziert wird. Werden diese Stile miteinander vermengt, spricht man auch von Eklektizismus.
In dieser Zeit definieren sich viele Staaten neu und der Historismus spielt bei der Suche nach dem nationalen Stil eine tragende Rolle; charakteristisch ist hier Heinrich Hübschs Werk "In welchem Style sollen wir bauen". Die Ursprünge des Historismus liegen sowohl in der Romantik, in welcher das nationale Geschichtsbewusstsein und das Interesse für das Mittelalter geweckt wurden als auch im Klassizismus, in welchem man antikisierende Elemente einsetzte. Hauptträger des Historismus ist die Architektur: Die wieder entdeckten historischen Stile setzt man zeitgleich ein und instrumentalisiert sie für bestimmte Aussagen: So werden für Wohnhäuser gerne gotische Elemente verwendet, für Banken, Theater und Museen wird hingegen die Neorenaissance gewählt, wohlhabende Bürger bevorzugen für ihre Häuser die Formen des Neobarocks.
Die Industrialisierung ermöglicht durch die Fabrikation neuer Materialien auch neue Baumöglichkeiten; dennoch zeigt man diese nicht offen, sondern versteckt sie hinter den vorgeblendeten Fassaden der Neostile. Die Umsetzung des Stils einer vergangenen Epoche auf neue und meist größere Gebäude erfolgt dabei oft mit einer dermaßen gewissenhaften Strenge, dass die Proportionen nicht mehr übereinstimmen und das Formenrepertoire wiederholt werden muss. Eine Ausnahme stellt die Ingenieurarchitektur dar. Die Verbilligung der Roheisenproduktion führt zu gusseisernen Konstruktionen. Prägend sind hier Paxtons Kristallpalast 1851 bei der ersten Weltausstellung oder der Eiffelturm zu der Pariser Ausstellung 1889. Eugène Viollet le Duc verbindet schließlich das neue Material mit gotischen Formen.
Auch bei dem Kunstgewerbe spielt die Industrialisierung eine wichtige Rolle. Einerseits ist die Zuflucht in altvertraute Formen eine bewusste Reaktion gegen die sich schemenhaft und stereotyp wiederholenden Massenanfertigungen der Industrie; andererseits bietet aber gerade die maschinelle Anfertigung die Möglichkeit, Alltagsgegenstände in den imitatorischen Stilen kostengünstig zu produzieren.
Die Malerei des Historismus schlägt sich in den Gruppierungen der Nazarener und Präraffaeliten nieder. Gemeinsam ist beiden Strömungen das thematische Interesse für mittelalterliche Sagen und literarische Werke.
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